HDR-Video ist die nächste Evolutionsstufe im TV-Bereich und hat mittlerweile gute Verbreitung gefunden. Wer mit seiner Drohne HDR-Videos erstellen will, verliert jedoch schnell den Überblick im HDR-Dschungel. Dieser Artikel erklärt euch alles, was wichtig ist.
Das Erstellen von HDR-Fotos ist schon ein alter Hut. Fotos mit besonders großem Dynamikumfang werden aus mehreren Einzelbildern zusammengesetzt. Dadurch werden mehr Details in hellen und dunklen Bereichen des Bildes sichtbar. Wie genau man HDR-Fotos mit der Drohne manuell erstellt, haben wir dir in unserem HDR-Guide beschrieben.
HDR-Video hebt dieses Konzept auf die nächste Stufe. Statt nur Standbilder mit dem High Dynamic Range Effekt zu versehen, ermöglichen es moderne Drohnenkameras ebenfalls, direkt HDR-Video aufzunehmen. Wie das funktioniert und was man dafür benötigt, um in Zukunft direkt HDR-Videos aufzunehmen, klären wir im folgenden Artikel.
Inhalt
Was ist HDR-Video?
HDR-Video steht für High Dynamic Range Video. Der englische Begriff beschreibt Aufnahmen mit hohem Kontrastumfang (oft auch als Dynamikumfang bezeichnet). Wie in bereits angedeutet, überträgt HDR-Video das Konzept von HDR-Standbildern auf die Videowelt.
Zu jedem Videoframe werden so mehrere Belichtungsinformationen gespeichert, um möglichst viele Details in dunklen und hellen Bereichen des Bildes sichtbar zu machen. Das Ergebnis ist ein sehr kontrastreiches und detailreiches Bild. Videos sehen so besonders realistisch und farbenfroh aus.
Welche HDR-Videostandards gibt es?
Wer sich mit HDR-Videomaterial auseinandersetzt, wird schnell feststellen, dass eine Vielzahl an verschiedenen HDR-Standards existieren. Ein solcher Standard beschreibt, wie genau das HDR-Material aufgenommen und kodiert wird. Wir haben eine kurze Übersicht für euch vorbereitet.
HLG (Hybrid Log Gamma)
Der erste HDR-Videostandard ist unter der Bezeichnung HLG bekannt. Hybrid Log Gamma hat die Besonderheit, dass es für den TV-Übertragungsbereich entwickelt worden ist. Das hat zur Folge, dass HLG-HDR-Videos sowohl eine HDR- sowie eine SDR (Standard Dynamic Range)-Videospur enthalten.
Wiedergabegerät, die HLG-Videos anspielen können, zeigen dann ein HDR-Bild an. Wenn ein Monitor oder TV HLG-HDR nicht unterstützt, wird einfach das Standardbild wiedergegeben. HLG nutzt den REC.2020-Farbraum.
HLG ist im Drohnenbereich der am weitesten verbreitete Standard und lässt sich mittlerweile problemlos mit gängiger Videoschnittsoftware bearbeiten.
HDR10 und HDR10+
HDR10 arbeitet ebenfalls im bekannten REC.2020 Farbraum. Anstatt Bilder mit 8 Bit Farbtiefe aufzuzeichnen, werden 10 Bit verwendet und somit der Dynamikumfang deutlich erhöht.
Die Interpretation dieser Bildinformationen obliegt aber dem Wiedergabegerät. Daher können die Ansicht der Aufnahme und die Wiedergabe deutlich voneinander abweichen – je nachdem, wie der Monitor oder Fernseher eingestellt ist. Um diesen Effekt einzuschränken, wird das vom Aufnahmegerät verwendete Farbprofil / Farbkalibrierung als Metadaten an das Wiedergabegerät übergeben.
HDR10+ ist eine Weiterentwicklung, die es seit 2017 gibt. Im Gegensatz zu HDR10 ist HDR10+ ein dynamisches HDR-Verfahren. Dynamisches HDR-Bedeutet, dass Belichtungsinformationen für verschiedene Szenen eines Videos über die Metadaten des Videos in der Post-Production festgelegt werden können.
Dolby Vision
Im Gegensatz zu HDR10 ist Dolby Vision nicht lizenzfrei verwendbar. Dolby Vision ist technisch betrachtet aktuell der HDR-Standard mit der am weitesten entwickelten Technologie.
Es kann HDR-Inhalte mit bis zu 12 Bit Umfang darstellen und ist ebenfalls ein dynamisches Verfahren. Dabei lassen sich die Bildinformationen sogar pro Einzelbild als Metadaten hinterlegen und somit anpassen. Diese Metadaten werden im sogenannte Enhancement Layer gespeichert. Dolby Vision hat hier zwei E-Layer-Profile zur Auswahl: MEL (Minimal) und FEL (Full), die die Anzahl an dynamischen Bildinformationen beschränken.
Dolby Vision kann im Bereich der TV-Übertragung auch mit HLG kombiniert werden. Damit steht dann auch auf nicht HDR-kompatiblen Anzeigegeräten ein SDR-Bild zur Verfügung.
Was sind die wichtigsten HDR-Begriffe?
In Verbindung mit HDR ist auch immer wieder von den folgenden Begriffen die Rede. Hier ein kurzer Überblick:
ST 2094-1: Ein Dokument der Society of Motion Picture and Television Engineers (SMPTE), welches alle dynamischen HDR-Standards beschreibt. Es wird unterschieden in:
- HDR10+ Samsung (ST 2094-40)
- Dolby Vision (ST 2094-10)
- SL-HDR1 Philips (ST 2094-20)
- Advanced HDR Technicolor (ST 2094-30)
Rec. 2020: Eine Richtlinie der Internationalen Fernmeldeunion (ITU), die verschiedene Charakteristiken für UHD-TVs definiert. Darunter fallen Farbraum, Bildwiederholungsfrequenz und natürlich die Auflösung.
Rec. 709: Eine Empfehlung, die verschiedene Charakteristiken für HD-TVs definiert. Darunter fallen Farbraum, Bildwiederholungsfrequenz und natürlich die Auflösung. Es handelt sich um das SDR-Pendant zu Rec. 2020.
SMPTE ST 2084: Eine Funktion, die die Verarbeitung von HDR-Signalen beschreibt. Auch unter dem Namen Perceptual Quantizer oder PQ bekannt.
SMPTE ST 2086: Beschreibt ein Verfahren zur Verarbeitung statischer HDR-Metadaten (Mastering Display Color Volume Metadata Supporting High Luminance and Wide Color Gamut Images).
SMPTE ST 2094: Beschreibt ein Verfahren zur Verarbeitung dynamischer HDR-Metadaten, die für jede Szene neu festgelegt werden können (Content-Dependent Metadata for Color Volume Transformation of High Luminance and Wide Color Gamut Images).
SDR: Standard Dynamic Range, steht für Videomaterial mit „normalem“ Dynamikumfang – also ohne HDR.
Welche HDR-Verfahren nutzten Drohnen zur Videoaufnahme?
Mit den oben genannten Verfahren wird schnell klar: HDR ist nicht HDR. Dies gilt aber nicht nur für Videodateien, die in unterschiedlichen HDR-Formaten vorliegen können. Auch auf der Aufnahmeseite gibt es Unterschiede zwischen verschiedenen Aufzeichnungsverfahren. Wir versuchen auch hier einen Überblick zu geben.
HDR-Video mit sequenzieller Belichtung
Besonders günstige / ältere Drohnenmodelle, die mit einem HDR-Modus werben, erkaufen sich den erweiterten Dynamikumfang mit einem Zusammensetzen sequenziell aufgezeichneter Bilder und setzen diese dann an Bord zusammen, bevor die Aufnahmen auf der Speicherkarte landen.
Diese Aufnahmen sind also eher ein digital aufgehübschtes Video, das im normalen Rec.709-Farbraum aufgezeichnet wird und im Grunde trotzdem ein SDR-Video darstellt.
HDR-Video mit Dual-Native-ISO-Belichtung
Die Weiterentwicklung des simplen HDR-Aufzeichnungsverfahrens sind Drohnen mit einem Bildsensor, der sogenanntes „Dual Native ISO“ unterstützt.
Bei dieser Technologie verfügt der Sensor über zwei unabhängige Signalverstärker, die es erlauben, unterschiedliche Belichtungsinformationen eines einzelnen Frames aufzunehmen. Aus diesen beiden Varianten kann dann ein Bild mit höherem Kontrastumfang zusammengesetzt werden.
Auch dieses HDR-Videomaterial wird in REC.709 und als normales SDR-File aufgenommen. Kehrseite von Drohnen mit entsprechenden Sensoren ist häufig, dass die maximale Framerate im Dual-Native-ISO-Modus gegenüber der normalen SDR-Aufzeichnung geringer ausfällt oder gar halbiert wird.
HDR-Video mit HLG
„Echtes“ HDR-Video mit einem erweiterten Farbraum (REC.2020) und 10 Bit Farbtiefe liefern Drohenn in der Regel nur, wenn HLG als Farbprofil unterstützt wird.
Hier kann die Kamera das Videomaterial direkt in einem Standard einfangen, der letztendlich auf für Material mit hohem Kontrastumfang gemacht ist. In der Konsequenz bieten HLG-Videodateien auch einen erheblich größeren Spielraum bei der späteren Nachbearbeitung der Videos.
Welche Drohnen können HDR-Video aufzeichnen?
Nachdem wir nun einen Überblick über die verschiedenen HDR-Standards gewonnen haben, wollen wir uns nun um Drohnenmodelle kümmern, die HDR-Video unterstützen.
Dazu haben wir die einzelnen Drohnen nach den drei oben eingeführten Kategorien der HDR-Aufzeichnung eingeteilt (sofern möglich).
„Einfaches HDR“
- DJI Mavic Air 2 (Testbericht)
- Parrot ANAFI (?)
- Skydio 2 (?)
- Autel EVO Lite(+) (?)
- Zero Zero HoverAir X1 (?) (Testbericht)
HDR mit Dual-Native-ISO
- DJI Mini 4 Pro (Testbericht)
- DJI Mini 3 Pro (Testbericht)
- DJI Mini 3 (Testbericht)
HLG
- DJI Air 3 (Testbericht)
- DJI Mavic 3 Pro Cine
- DJI Mavic 3 Pro (Testbericht)
- DJI Mavic 3 Cine (Testbericht)
- DJI Mavic 3 (Testbericht)
- DJI Air 2S (Testbericht)
- DJI Mavic 2 Pro
- DJI Inspire 3 (Testbericht)
- Autel EVO 2
Welche Software kann HDR-Video verarbeiten?
HDR-Video aufzuzeichnen ist das eine, die Videos entsprechend zu bearbeiten, ohne die HDR-Informationen zu verlieren, ist eine ganz andere Aufgabe.
Einfach gesprochen gibt es unserer Erfahrung nach nur drei Tools, die HDR-Video wirklich gut beherrschen. Das ist zum einen Adobe Premiere CC und natürlich Apple’s Final Cut Pro X sowie DaVinci Resolve. Mehr über Videoberarbeitungsprogramme erfahrt ihr in unserem Drohnenvideo Tool Guide.
Den natürlichsten Workflow für HDR bietet unserer Erfahrung nach Final Cut Pro. Hier lassen sich HLG-Clips auch im Standardfarbraum (SDR) betrachten und schneiden und später als HDR-Video exportieren. Das setzt natürlich voraus, dass dein gesamtes Videomaterial für ein Videoprojekt in HDR aufgezeichnet worden ist.
Passende LUTs zur Umwandlung von HDR im REC.2020-Farbraum in den normalen REC.709-Bereich bieten die Drohnen-/Kamerahersteller meist auf ihrer Website an.
Sollte ich in HDR filmen?
Die Frage ist nicht pauschal zu beantworten. Sie fällt in die gleiche Kategorie von Fragen, wie: „Sollte ich immer in 4K filmen?“. In unserem Guide zu verschiedenen Videocodecs haben wir unsere Meinung darüber bereits ausführlich ausgeführt.
Für HDR-Video gilt prinzipiell das Gleiche. Wenn ihr eine Drohne besitzt, die HDR-Video im HLG-Standard aufnehmen kann, ist es aus unserer Sicht sinnvoll dieses zu tun. Die Tatsache, dass sich aus dem Video später auch eine SDR-Videospur entlocken lässt, macht HDR eigentlich zu einem netten Bonus.
Am Ende kommt es vor allem auf die Szene an, die gefilmt werden soll. Bei typischen Naturschauspielen, wie einem Sonnenauf- oder Untergang oder Sonne, die durch Wolken bricht, spielt der hohe Kontrastumfang seine Stärken besonders aus.
Wie es aber immer so ist, hat das dauerhafte Filmen in HDR auch „Nachteile„. So verbrauchen die Videos mehr Speicherplatz. Außerdem wirken die Farben manchmal flach, weil das verwendete Farbprofil eher neutral gehalten und für die nachträgliche Bearbeitung bestimmt ist.
Wer also die Nachbearbeitung / Color Grading seiner Videos scheut, sollte sich die HDR-Aufnahmen seiner Drohne zunächst genau anschauen und überlegen, ob er mit dem Material auch in unbearbeiteter Form glücklich ist.
Für uns gibt es kein Weg mehr an HDR-Video vorbei, denn die Aufnahmen wirken mit ihren starken Kontrasten in der Regel viel lebendiger, als SDR-Videos.
Was brauche ich noch?
Nun haben wir geklärt, was HDR ist, welche Drohnen es aufzeichnen und können und welche Software du zum Bearbeiten verwenden kannst. Bleibt nur noch eines übrig: Ihr benötigt ein HDR-kompatibles Wiedergabegerät. Das kann ein PC-Monitor oder aber auch ein TV sein.
In der Regel macht ein TV in unseren Augen mehr Sinn, weil man seine fertig produzierten Filmen öfter auf dem Fernseher anschaut – je nach Größe des Monitors kann das natürlich auch abweichen.
Wichtige ist es darauf zu achten, dass das Gerät Active HDR unterstützt. Anzeigegeräte, die Dolby Vision-fähig sind, bieten dabei im Normalfall die besten Ergebnisse, weil sie (mit Ausnahmen) auch HLG und HDR10 abspielen können.
Wir können in diesem Zusammenhang die LG OLED TV Serie wärmstens empfehlen. Seine Luftbildaufnahmen in HDR auf einem OLED-Fernseher zu betrachten, ist ein wahrer Augenschmaus.
Schlusswort
HDR-Video hat sich als neuer Standard etabliert. Im Vergleich zum 3D-Hype kann HDR eine deutliche Bildverbesserung auch ohne zusätzliches Zubehör, wie eine 3D-Brille bringen. Wir hoffen, euch hat unser Artikel zu HDR-Video im Drohnensegment gefallen und ihr habt nun munter in HDR los zu filmen.
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Quelle: Wikipedia HDR, Wikipedia Dolby Vision
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 31. Juli 2019 veröffentlicht und am 28. November 2023 grundlegende überarbeitet und aktualisiert.
Super Artikel! Interessant wäre noch was man beim Upload/Abspielen bei YouTube beachten muss bzw. was das überhaupt geht.
Grüße, Chris