Kommentar: Wir brauchen Remote ID – aber bitte sinnvoll
Die aktuelle Diskussion rund um das Thema Remote Identification in den USA lässt Europa und Deutschland aktuell noch erstaunlich kalt. Dabei ist der geplante Vorstoß der FAA nichts anderes, als ein starker Einschnitt in die private Nutzung von Flugmodellen und Drohnen. Ein Kommentar zu Remote ID für Drohnen.
Remote ID ist die Abkürzung für Remote Identification, was auf Deutsch so viel wie „Fernidentifizierung“ bedeutet. Im Grunde handelt es sich dabei um eine Technologie, mit der eine Drohne, die sich gerade im Flug befindet, eindeutig identifiziert werden kann.
Welche verschiedenen Arten von Remote ID es gibt und wie die Technologie generell funktioniert, haben wir euch separat in unserem Guide rund um Remote Identification für Drohnen zusammengefasst.
In diesem Kommentar beziehen wir Stellung zur allgemeinen Thematik und äußern unsere Wünsche und Vorstellungen, wie ein Remote ID System in Europa / Deutschland umgesetzt werden sollte.
Inhalt
Beispiel FAA: Wie es nicht laufen sollte
Die Vereinigten Staaten von Amerika und ihre Flugsicherheitsbehörde FAA (Federal Aviation Administration) sind ohne Frage weltweit mit am weitesten fortgeschritten, was die Gesetzgebung für Drohnen betrifft.
So war die FAA eine der ersten Behörden, die eine Registrierungspflicht für Drohnen samt Kennzeichnung entwickelte und umgesetzt hat. Auch der Flug in kontrolliertem Luftraum ist durch das LAANC-System durch eine automatisierte Antragsbearbeitung komfortabel via App für private und gewerbliche Drohneneinsätze gleichermaßen möglich (auch wenn damit extra Kosten verbunden sind).
Nicht zu vergessen ist die enge Zusammenarbeit mit diversen Unternehmen, die die Drohnentechnologie zum Beispiel für Logistikzwecke (Drone Delivery) verwenden. Ein Beispiel ist hier die Zertifizierung von UPS mit einer vollwertigen Airlinelizenz für seine Drone Delivery Sparte.
Abschließend zu nennen sind auch die erlaubten Einsätze von Drohnen über Menschenmengen sofern ein zertifiziertes Fallschirmsystem verwendet wird.
Um all diese Dinge auf ein standardisiertes Niveau zu heben bedarf es vielen Diskussionsrunden mit diversen Interessengruppen.
Warum die FAA gerade beim für die Zukunft der Drohnentechnologie essentiellen Thema Remote ID einen so kontroversen Vorschlag unterbreitet, erscheint im Anbetracht der oben genannten Meilensteine unverständlich.
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Um es kurz zusammenzufassen: Der FAA-Entwurf zur Etablierung eines Remote ID Systems für Drohnen sieht ein netzwerkbasiertes System vor, das in jedem Fall mit weiteren Kosten verbunden ist – Kosten für die Drohnenpiloten. DJI hat in einer eigenen Studie berechnet, dass sich die Kosten auf knapp 5,6 Milliarden Dollar summieren könnten – alleine in den nächsten 10 Jahren. Die durchschnittliche Belastung für Betreiber wird darin mit knapp 10 US-Dollar pro Monat berechnet.
Außerdem würde der aktuelle Entwurf den Betrieb von selbstgebauten Modellen nahezu unmöglich machen. Nur zertifizierte Flugmodelle oder solche die zu aus 100% Teilen von zertifizierten Herstellern bestehen, sollen mit Remote ID am Flugverkehr teilnehmen dürfen. Ausnahmen gibt es in dem Entwurf keine nennenswerten.
Ein Remote ID System darf kein Angriff auf den allgemeinen Modellflug darstellen, sondern sollte viel mehr die technischen Möglichkeiten ausnutzen, um Betreibern von Flugmodellen und Drohnen weiterhin maximal Flexibilität zu bieten.
Wir brauchen Remote ID für Drohnen…
Dabei soll an dieser Stelle eines klar herausgestellt werden: Wir sind der Meinung, dass wir ein Remote Identification System unbedingt benötigen.
Im Internet überschlagen sich vor allem im US-amerikanischen Raum aktuell oft – teilweise verständlich – die Emotion zu dem Thema. Nichts desto trotzt ist eine absolute Verweigerung von Remote ID für die allgemeine Drohnentechnologie die wohl schlechteste Lösung.
Ohne die Identifizierung von Drohnen aus der Ferne ist die Einbindung in die allgemeine Luftraumüberwachung nicht möglich. Wenn wir in Zukunft das volle Potenzial von UAVs nutzen wollen, um zum Beispiel Pakete darüber liefern zu lassen oder langwierige Inspektionsaufgaben zu automatisieren, dann benötigt auch Europa ein gemeinsames UTM. Die Abkürzung UTM steht für UAV Traffic Management und beschreibt ein System zur Verwaltung des Luftraums speziell für Drohnen.
Ohne genaue Position- und Höhendaten ist ein solches Managementsystem jedoch nur schwer oder gar nicht zu realisieren. Daher ist es zwingend erforderlich, dass an einem sinnvollen Standard für Remote ID Systeme gearbeitet wird.
Glücklicherweise hat Europa das Thema Remote ID nicht verschlafen. Ganz im Gegenteil: Die in der EU zuständige Einrichtung EASA hat bereits seit einigen Jahren ein Konzept zur Etablierung eines UAV Traffic Managements erarbeitet. Das Ganze trägt den Namen „U-Space“ (mehr dazu hier) und soll in mehreren Wellen bis 2035+ ausgerollt werden.
Grundlage sind die auf Juni 2020 gültigen EU-weiten Drohnenregeln. Darauf aufbauend soll bis 2022 auch ein entsprechendes Remote ID System mit dem Codenamen „e-identification“ etabliert werden. Wie gut dieser Zeitplan eingehalten werden wird, wird die Zeit zeigen.
Wichtig zu wissen ist: Remote ID kommt auch in der EU und in Deutschland. Da braucht sich niemand etwas vormachen. Die Frage ist nur: Wie werden die entsprechenden Regeln zur Umsetzung des Systems gestaltet?
Fakt ist: Drohnen und zugehörige Technologien haben großes wirtschaftliches Potenzial, welches erst richtig entfesselt werden kann, wenn neben den rechtlichen Rahmenbedingungen auch die allgemeine Luftraumsicherheit für den bemannten Flug weiterhin gewährleistet werden kann.
… aber bitte sinnvoll und mit Ausnahmen
Nachdem nun klar geworden sein sollten, dass wir a) nicht um Remote ID herum kommen werden und b) die Technologie für die weitere Verbreitung von Drohnen-Lösungen grundlegend ist, wird die wichtigste Aufgabe sein, eine für alle Betroffenen tragbare Lösung zu entwickeln.
Dafür brauchen wir in der EU oftmals etwas länger. Das ist bei Zukunftstechnologien zwar nicht besonders toll, hat aber den Vorteil, dass man sich immerhin Lösungen anderer Staaten zum Vorbild machen oder aus ihren Fehlern lernen kann – theoretisch.
Für uns gibt es zwei zentrale Anliegen: Zum einen darf der klassische Modellflug nicht noch weiter eingeschränkt und durch Remote ID-Vorschriften in seiner Vielfalt und Flexibilität beschnitten werden. Der RC-Modellbau in Deutschland hat eine extrem gute Sicherheitsbilanz. Es besteht also kein Grund hier noch mehr Regeln über einem ohnehin schon schwierig auszuübenden Hobby auszukippen.
Auf der anderen Seite muss auch der private Betrieb von Drohnen weiterhin ohne zusätzlich Gebühren und Beschränkungen möglich sein. Die EU-Drohnenregeln haben zumindest das Potenzial die in Deutschland sehr strikten Regelungen der Drohnen-VO (nicht in Bezug auf die Sicherheit, aber in Bezug auf die Gebiete in den legal geflogen werden darf) wieder ein wenig zu lockern. Ob das so kommt, hängt davon ab, wie eifrig die Bundesländer „No Fly Zones“ definieren werden.
Ein Remote ID System sollte im privaten Bereich (zur Freizeitzwecken) daher mit minimalen Aufwand zu realisieren sein. Auch stellen wir die Frage in den Raum, ob eine privat betrieben Drohne in ein zentrales UTM eingebunden sein muss? Hier muss eine dezentrale Identifikationsmethode genügen, die wiederum von anderen kommerziellen Drohnen in der Nähe empfangen und ausgewertet werden kann.
Tipp: Wir haben bereits einen Remote ID Sender mit NRI und DRI für euch getestet. Hier geht es zu unserem Test des Dronetag Mini.
UTM für kommerzielle Zwecke, Broadcast Remote ID für private Drohnenflüge
Ein mögliches Betriebsmodell, das minimale Einschnitte in den privaten Betrieb von Drohnen hätte, wäre eine Kombination aus Network Remote ID und Broadcast Remote ID für verschiedene Betreiberklassen. Was genau der Unterschied zwischen den beiden Systemen ist, könnt ihr hier nachlesen.
In Kürze lassen sich beide System folgender Maßen von einander abgrenzen: Network Remote ID setzt auf einen zentralen Provider und eine Internetverbindung. Broadcast Remote ID ist ein dezentrales Verfahren und nur im Umfeld der Drohne zu empfangen.
Unserer Meinung nach sollte Network Remote ID mit hohen Sicherheitsstandards für kommerziell betriebene Drohnen Pflicht sein. Mit „kommerziell“ sind hierbei Drohnen zu Zwecken, wie Drohnenlieferungen, B.O.S.-Einsätzen oder Inspektionen gemeint. Ob eine Drohne, die zur Filmproduktion oder für die Aufnahme kommerzieller Luftbilder im niedrigen Luftraum unbedingt in ein zentrales UTM eingebunden werden muss, zweifeln wir an. Hier könnten die selben Regeln gelten, wie für private Drohnen.
Dazu kommen wir jetzt. Private Drohnen sollten – wenn überhaupt – mit einem Broadcast Remote ID System ausgestattet werden müssen. Dieses ermöglicht die Aussendung der aktuellen Position an Empfänger in der direkte Betriebsumgebung. DJI hat eine mögliche Umsetzung eines solchen Konzeptes bereits demonstriert.
Ein zentrales Management dieser nur temporären Flüge ist nicht notwendig. Stattdessen sollten kommerzielle Drohnen (Definition oben) über entsprechende Empfänger verfügen, die das Broadcast Signal der „privaten Drohne“ empfangen und auswerten kann. Liegt ein Konflikt mit dem geplanten Flugpfad vor, weicht die kommerzielle Drohne innerhalb definierter Parameter aus.
Damit dies funktioniert ist natürlich zunächst ein Standard für Broadcast Remote ID zu entwicklen. Auf Basis von WiFi wäre das aber technisch kostengünstig möglich und leicht in viele Drohnenmodelle integrierbar. Zudem ließen sich bestehende Drohnen aktualisieren und so ebenfalls Remote ID tauglich machen.
Um die Wahrscheinlichkeit zu verringern, dass sich kommerzielle und private Drohnen überhaupt begegnen ist für den Transport von Waren eine Flughöhe über der allgemein erlaubten Maximalflughöhe von 120 Metern zu wählen.
Kommerzielle Drohnen, die zur Inspektion verschiedener Infrastruktur eingesetzt werden, fliegen in der Regeln ohnehin so nah an „kritischer Infrastruktur“, sodass der Aufstieg für den privaten Drohnepiloten ohnehin verboten ist.
Private Drohnenflüge über der maximal Flughöhe von 120 m (nach EU-Regeln) bedürfen ohnehin einer Sondergenehmigung. Wer solche Mission fliegen will/muss, sollte ebenfalls ein Remote ID Verfahren einsetzen müssen.
Ausnahmen müssen sein
In jedem Fall muss es Ausnahmen für bestimmte Flugmodellklassen geben, die in unseren Augen sinnvollerweise von Remote ID auszunehmen sind:
- Generell alle Flugmodelle des Flugmodellbaus, wie Flächenmodelle oder Helikopter. Diese werden ohnehin in den meisten Fällen auf Modellflugplätzen betrieben. Hier haben wiederum kommerzielle Drohnen nichts zu suchen und müssen sich einen Weg um den gesperrten Luftraum suchen.
- Selbstgebaute Drohnen bis 1 kg Abfluggewicht. Darüber ist es in unseren Augen zumutbar, auch in einem Selbstbau einen Broadcast Remote ID Sender unterzubringen.
- FPV Racing Drohnen sollten gesondert berücksichtig werden. Hier macht Remote ID in der Regel überhaupt keinen Sinn, denn die Drohnen werden zumeist nur wenigen Zentimeter bis Meter über dem Boden geflogen. Diese neue Rennsportart sollte entsprechend geschützt werden.
Für Drohnen die betriebsfertig im Geschäft erworben werden, kann ab einem bestimmten Datum von den Herstellern erwartet werden, dass ein Broadcast Remote ID System verbaut ist.
Wichtig ist, bei all den neuen Gesetzgebung nicht zu vergessen, dass es bereits zehntausende Drohnen im Besitz privater Betreiber gibt, für die ein Bestandsschutz greifen muss. Ein Betriebsverbot für solche Modelle wäre ein harter Schlag ins Gesicht vieler Verbraucher und dürfte auf großen Unmut gegenüber dem Gesetzgeber in Brüssel stoßen.
Remote ID und das Corona Virus
Aus aktuellem Anlass wollen wir noch ein paar Worte zur Ausbreitung des Corona Virus verlieren und was die sich ausbreitende Krankheit mit UTM und Remote ID zu tun hat.
Die Chinesen haben eindrucksvoll vorgemacht, wie sich Drohnen in diversen Anwendungsgebieten sinnvoll zur Bekämpfung und Prävention einer pandemisch ausbreitenden Krankheit einsetzen lassen. Möglich wurde dies durch viele Sonderregelungen, die potenziell auch in Europa möglich wären. Vom Thema Datenschutz und Privatsphäre einmal abgesehen.
Es ist in jedem Fall mehr als ungünstig, dass die Drohnentechnologie schon seit mehren Jahren rein technisch in der Lage ist Aufgaben, wie die Lieferung von Medikamenten zu übernehmen. Das einzige was uns daran hindert diese Technologie einzusetzen sind die fehlenden rechtlichen Rahmenbedingungen.
Hätten Themen wie UTM und Remote ID schon ein Jahr früher auf der Agenda der EU gestanden, könnten wir in der Corona-Krise deutlich schneller, einfacher und sicherer auf Drohnentechnologie zurückgreifen. In jedem Fall ist zu erwarten, dass technische Neuerungen, wie Drone Delivery oder das Management von Menschenmassen mithilfe von Drohnen durch die Corona Pandemie auch in Europa einen Aufschwung erfahren werden.
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Schlusswort
Wir hoffen, die oben beschriebenen Gedanken dienen euch selbst als Denkanstoß zum Thema Remote ID und machen etwas besser begreifbar, wie diese neue Technologie das Drohnen-Hobby beeinflussen kann.
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Bildquellen
- U-Space für UAS Grafik SESAR JU: SESAR JU / Europäische Komission | ©
Ich bin absolut gegen jedwede Regulierung bezgl. Drohnen oder RC-Modellen.
Seien wir mal ehrlich: wir brauchen keine kommerziellen Drohnen und ich kann nur davor warnen diese überhaupt zuzulassen. Die Lärmbelästigung wäre enorm und käme zusätzlich zum Strassenlärm hinzu.
Das Problem sind die zu vielen Menschen auf engem Raum und da gilt es anzusetzen und nicht immer weiter, immer mehr einzuschränken und zu kontrollieren.