Moderne Drohnen sind mit allen möglichen Sensoren ausgestattet, um stabil zu schweben oder automatisch zu navigieren. Nicht alle dieser Sensoren sind sichtbar und in genau in diese Kategorie fällt der integrierte Kompass. Wieso der Kompass für die Funktion von Drohnen essenziell ist und wie das mit der Kompasskalibrierung zusammenhängt, erfahrt ihr im folgenden Artikel.
Ein Kompass im Inneren einer Drohne? Einige denken nun vielleicht an die klassische Eisennadel, die sich in anhand einer Kreisskala die Himmelsrichtung anzeigt. Auch wenn die grobe Funktionsweise natürlich dieselbe ist, sind heutige Kompasssensoren selbstverständlich anders aufgebaut.
Für viele intelligente Flugmodi moderner Kameradrohnen sind die Informationen, die ein Kompass liefert, nicht mehr wegzudenken. Darum ist es für den sicheren Betrieb von UAVs auch unerlässlich, den Kompass an Bord gelegentlich neu zu kalibrieren. Wie all das zusammenhängt, erklären wir euch im Folgenden.
Inhalt
Was macht der Drohnenkompass?
Drohnen nutzen sogenannte elektrische Kompasse, die auch Magnetometer genannt werden. Es handelt sich dabei um kleine Bauteile, die nach dem Prinzip eines Hall-Sensors in der Lage sind, Magnetfelder zu messen – konkret das Erdmagnetfeld. Damit kann die Drohne dann ihre Ausrichtung im Raum im Sinne der Himmelsrichtung erkennen.
Mithilfe des Kompasses wird dem UAV also eindeutig mitgeteilt, ob die Vorderseite nach Norden oder nach Süden zeigt. Im Gegensatz zu einem häufig vertretenden Irrglauben liefern GNSS-Systeme (wie GPS) nämliche keine Informationen über die Ausrichtung der Drohne im Sinne der Himmelsrichtung.
Ein Gedankenexperiment: Hätte eine Drohne nur GNSS und keinen Kompass an Bord, wäre beim Schweben auf der Stelle unklar, wie die Drohne ausgerichtet ist. Erst bei einer horizontalen Bewegung in eine Richtung, könnte per Satellitenpositionierung bestimmt werden, wie sich das Fluggerät im Raum bewegt. Ohne die Information über die Flugrichtung (vorwärts, rückwärts, seitwärts nach links / rechts) wäre aber auch dann noch unklar, wie die Drohne gerade ausgerichtet ist.
Daher ist die Kompassinformation essenziell, damit die Drohne sämtliche Funktionen ausführen kann, bei denen die Ausrichtung relativ zum Erdmagnetfeld eine Rolle spielt. Und das sind so gut wie alle erweiterten Flugfunktionen.
Wieso ist der Kompass so wichtig für eure Drohne?
Ganz genau genommen, sind moderne Drohnen auch ohne funktionsfähigen Kompass in der Lage zu fliegen. Die meisten Helferlein und Assistenten stehen dann jedoch nicht mehr zur Verfügung und die Drohne wechselt – je nach Modell – in den ATTI-Modus. In diesem Modus findet zwar noch eine Stabilisierung der Lage und Höhenlage statt, das absolute Halten einer Position beim Loslassen der Steuerknüppel ist dann aber nicht mehr gegeben. Das bedeutet also, dass die Drohne durch Wind oder andere Einflüsse von der Stelle bewegt werden kann, wenn der Pilot nicht aktiv gegensteuert.
Ohne einen funktionierenden Kompass fallen also folgenden Funktionen weg:
- GNSS-Positionierung (Positionierung via GPS, Gallileo, Beidou oder GLONASS)
- Visuelle Positionierung (abhängig vom Modell)
- sämtliche intelligente Flugmodi (Verfolgung von Motiven, QuickShots, Waypoint-Flug)
- Return to Home (RTH)
Bemerkt das Betriebssystem der Drohne einen Kompassfehler bereits vor dem Start, wird das Abheben in der Regel unterbunden und dem Nutzer ein Fehler angezeigt oder eine Kalibrierung des Kompasssensors angefordert (dazu unten mehr).
Daraus ergeben sich Szenarien, die einen Kompassausfall zu einem echten Problem machen können:
- Der Kompass fällt während des Fluges aus und die Drohne wechselt plötzlich in den ATTI-Modus. In dieser Situation muss der Pilot zwingend richtig reagieren, um einen Unfall zu verhindern. Dieses Szenario ist daher auch Teil der praktischen Selbstprüfung im Rahmen des EU-Fernpilotenzeugnis (A2-Lizenz).
- Ihr landet die Drohne an einem unzugänglichen Ort und es kommt am Boden zu einem Kompassfehler, der die Drohne am erneuten Abheben hindert. Deshalb niemals freiwillig – also außerhalb einer Notfallsituation – dort landen, wo ihr selbst nicht hingelangen könnt.
- Bei einem Flug außerhalb des Sichtbereiches steht kein RTH mehr zum „gedankenlosen Zurückholen“ zur Verfügung. Extrem kritisch, wenn man das UAV nicht mehr sieht und auch nicht weiß, wie es gerade ausgerichtet ist. Das FPV-Bild kann einem hier im Glücksfall als Anhaltspunkt dienen. (Alles unter der Voraussetzung, dass der BVLOS-Betrieb überhaupt genehmigt war.)
Wieso muss der Kompass kalibriert werden?
Damit der Kompasssensor verlässliche Werte liefert, die die Drohne zur Navigation nutzen kann, ist eine Kalibrierung notwendig. Das liegt an der zunächst nicht ganz intuitiven Tatsache, dass der magnetische und geografische Nordpol nicht exakt derselbe Punkt auf der Erdkugel sind. Ganz im Gegenteil: Magnetischer und geografischer Nordpol liegen sogar einige 100 km auseinander. Dadurch kommt es zu einem Messfehler. Je nach Standort zeigt ein magnetischer Kompass also mehr oder weniger stark in östlicher oder westlicher Richtung am geografischen Nordpol vorbei. Man nennt diesen Messfehler auch Ortsmissweisung oder Deklination.
Durch die Unregelmäßigkeiten des Erdmagnetfeldes ergeben sich für verschiedene Standorte verschieden starke örtliche Deklinationen – also Abweichungen vom eigentlichen geografischen Norden. Das führt dazu, dass das Folgen der Anzeige eines einfachen magnetischen Kompasses auf dem Weg von Süden nach Norden am Ende am magnetischen Nordpol endet (und nicht am geografischen Nordpol) und der Weg dorthin nicht auf einem geraden, sondern auf einem kurvigen Pfad verläuft.
Damit eure Drohne also die Größe dieses Fehlers berechnen kann, um ihn später in Bezug auf den echten geografischen Nordpol zu korrigieren, muss der Kompass entsprechend kalibriert werden. Erst dann weiß das UAV, wo sich auf Basis der örtlichen Besonderheiten des Erdmagnetfeldes der geografische Nordpol befindet.
Kurz gesagt: Bewegt ihr euch mit eurer Drohne mehr als ein paar dutzend Kilometer von einem zum nächsten Flugort, sollte der Kompass stets neu kalibriert werden. Wer also bei einer Fernreise oder einem Roadtrip plötzlich an einem anderen Ort abheben will, sollte in jedem Fall an eine Kalibrierung des Kompasses denken.
In der Anleitung der DJI Mavic 2 Serie findet sich zum Beispiel der Hinweis, dass der Kompass kalibriert werden muss, wenn die Drohne länger als 30 Tage nicht geflogen wurde oder der neue Flugort mehr als 100 km vom letzten Ort entfernt liegt.
Kompassfehler: Gründe und Abhilfe
Wer bis hierhin folgen konnte, stellt sich jetzt vielleicht zu Recht die Frage: Wieso will meine Drohne manchmal eine Kompasskalibrierung durchführen, obwohl ich eigentlich die ganze Zeit in am gleichen Standort unterwegs bin?
Die Antwort ist häufig einfach als gedacht: Störquellen. Stellt ihr die Drohne zum Start beispielsweise auf die Stahlkonstruktion eines Gebäudes oder einen Gullydeckel, genügt das enthaltene Eisen aus, um das Erdmagnetfeld abzuschirmen oder in „unzulässiger“ Weise zu verformen. Das Magnetometer an Bord der Drohne liefert dann unplausible Werte und fordert euch zu einer erneuten Kalibrierung auf.
Häufig verschwinden solche Kompassfehler deshalb sofort, sobald die Drohne an einen nahen Ort ohne Störquelle gebracht wird. Selbstverständlich ist jeder angezeigte Kompassfehler ernst zu nehmen und im Zweifel immer einer Kalibrierung durchzuführen.
Tipp: Bleibt der Fehler bestehen, ist man gut beraten, kurz zum Smartphone und der häufig vorinstallierten Kompass-App zu greifen, um so zu prüfen, ob auch hier Messfehler aufgrund magnetischer Anomalien am aktuellen Standort angezeigt werden. Dann ist von einem Flug am aktuellen Ort abzuraten oder ihr hebt bewusst direkt im ATTI-Modus ab.
Fehlercodes für Kompassfehler
Verschiedene Hersteller geben verschiedene LED-Blinkcodes direkt über die Signal-LEDs der Drohne aus, wenn es zu einem Kompassfehler kommt. Hier sind einige Beispiele. Die Codes für euer Drohnenmodell – sofern es diese Funktion unterstützt – findet ihr im Handbuch der Drohne.
- Mavic 3 Serie: Abwechselnd ROT und GELB – schnelle Frequenz
- Mavic 2 Serie: Abwechselnd ROT und GELB – schnelle Frequenz
- DJI Mini 3 Pro: Abwechselnd ROT und GELB – schnelle Frequenz
- Autel EVO 2 Pro V3: Abwechselnd ROT und GELB
Nicht nur Drohnen nutzen einen Kompass
Im Übrigen haben die meisten Smartphones (auf denen die Drohnen-App läuft) oder integrierte Controller mit Display ebenfalls einen Kompass an Bord. Dieser wird verwendet, um die Ausrichtung des Piloten in Bezug zur Position der Drohne anzuzeigen.
Damit hier alles richtig funktioniert, muss natürlich auch dieser Kompass an die örtlichen Gegebenheiten angepasst werden. Im Zweifelsfall ist bei einem Flug auf Sicht ein Fehler beim Kompass des Controllers weniger kritisch, als beim Kompass der Drohne selbst (siehe oben).
So kalibrierst du den Kompass deiner Drohne
Alle modernen Drohnen haben einen einfachen Assistenten zur Kalibrierung des internen Kompasses direkt eingebaut, der über die zugehörige Drohnen-App angesteuert wird. In der Regel wird euch diese Kalibrierung auch direkt angeboten, wenn das System einen Kompassfehler erkennt.
Die Kalibrierung erfolgt dabei immer gleich: Die Drohne muss einmal horizontal und einmal vertikal um die eigene Achse gedreht werden. Das Ganze kennen einige von euch, vielleicht unter den Begriffen „Copter-Tanz„, „Drohnen-Tanz“ oder „Kompasstanz„. Diese spaßig gemeinte Beschreibung liegt für Betrachter der Situation auch nicht allzu fern, weil man als Pilot bei der Kalibrierung einmal um das eigene UAV herumtänzeln muss.
DJI Fly App
Für Drohnen, die die DJI Fly App verwenden, findet sich die Kalibrierungsfunktion für den Kompass unter: Kamera-Ansicht -> Einstellung -> Sicherheit -> Kapitel „Sensoren“ -> Kompass -> Kalibrieren.
DJI GO 4 App
Bei Modellen von DJI, die mit der DJI GO 4 App betrieben werden, wird der Kompass so kalibriert: Kamera-Ansicht -> Einstellungen (…) -> Einstellung des Fluggerätes (Drohnensymbol) -> Erweiterte Einstellungen -> Sensorstatus -> Kompass -> Kompass kalibrieren.
Autel Sky App
Die Autel Sky App hält die Funktion hier bereit: Einstellungen -> Sicherheit -> Kompasskalibrierung.
DJI Controller mit Android Betriebssystem
Für DJI Controller (DJI Smart Controller, DJI RC, DJI RC Pro und Enterprise-Versionen) kann die Funktion hier aufgerufen werden: Startseite -> Einstellungen -> Kompass.
Schlusswort
Wir hoffen, euch hat dieser Artikel ein grundsätzliches Verständnis vermittelt, wieso der Kompass für den Betrieb moderner Drohnen zentral ist und warum eine Kalibrierung in vielen Situationen als unerlässlich gilt.
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Häufig gestellte Fragen zum Drohnenkompass
Ja, moderne Kameradrohnen mit GNSS-Positionierung („GPS“), haben auch einen Kompass an Bord.
Nein, ein Barometer misst den Luftdruck und hilft einer Drohne die Höhe zu halten. Ein Kompass wird als Magnetometer bezeichnet.
Ja, bei größeren Ortsveränderungen zwischen zwei Startpunkten muss der Kompass kalibriert werden. Warum das so ist, lest ihr hier.