Ein ausführliches Teardown von DJIs neustem Drohnenmodell, der Mavic Air 2, gibt konkrete Einblicke, wie der chinesische Drohnenhersteller seine Produkte zu vergleichsweise niedrigen Kosten herstellen kann. Viele Komponenten sollen außerdem aus den USA stammen.
Zugegeben: Teardowns von Drohnen (und anderen Elektrogeräten) sind oft nur etwas für Technikliebhaber und Nerds (so wie uns). Nichts desto trotz lässt sich durch das Auseinandernehmen von Highendprodukten, wie beispielsweise einer aktuellen DJI Drohne, viel über die Strategie hinter einem Produkt lernen.
Ein in Japan durchgeführtes Teardown der Mavic Air 2 Drohne zeigt nun relativ deutlich, warum DJI die Marktführerschaft inne hat und wie das Unternehmen seine Produkte zu vergleichsweise niedrigen Kosten gemessen an der Konkurrenz produzieren kann.
Mavic Air 2 besteht zu 80% aus Standardbauteilen
Das frisch veröffentlichte Teardown und die dazugehörige Analyse der Bauteile stammt von Nikkei.com und wurde zusammen mit dem in Japan ansässigen Unternehmen Fomalhaut Techno Solutions durchgeführt. Ziel war es unter anderem, den Aufbau der Mavic Air 2 Drohne näher zu beleuchten.
DJIs aktuellste Consumer-Drohne hat bei ihrem Launch bei vielen für große Aufmerksamkeit gesorgt, da das neue Modell mit einem hochauflösenden 48-MP-Sensor samt 4k60p-Funktionalität (hier erfahrt ihr alles über die Kamera der Drohne) und deutlich verbesserten autonomen Flugfähigkeiten aufwarten konnte. Und das zu einem Preis von weit unter 900 Euro. (Apropos: Schon unseren detaillierten Test der MA2 gesehen?)
Die Analysten kommen zu dem Ergebnis: DJIs Geheimnis ist die Verwendung von Standardkomponenten. Die neue Drohne soll laut Aussage von Nikkei zu 80% aus Bauteilen bestehen, wie sie z.B. auch in Smartphones zum Einsatz kommen. Das ist selbstverständlich ein riesiger Vorteil gegenüber Spezialkomponenten, wenn es um den Beschaffungspreis geht.
Den Sony Kamerasensor teilt sich die Drohne mit aktuellen Premium-Smartphones. Das wussten wir aber auch schon vor diesem Teardown. Der GPS-Empfänger kommt beispielsweise auch in vielen modernen Smart Watches zum Einsatz.
Lediglich die Controller für die ESCs der Motoren sollen komplette Eigenentwicklungen sein. Die Komponentenliste mit Einkauspreisen über 10 US-$ pro Stück soll sich laut der Analyse auf den Flugakku, die Kamera und „einige wenigen andere Dinge“ beschränken.
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Teardown: Komponenten sollen in Summe 135 US-$ kosten
Insgesamt kommt die Analyse zu einer interessanten Schätzung: Die Summe aller Komponenten könnte für DJI bei geschickter Einkaufsstrategie pro Drohne gerade einmal 135 US-$ betragen. Das würde nicht einmal 20% des Retail-Preises von derzeit 799 US-$ entsprechen. In der Smartphone-Branche sind Kostenanteile von 30 bis 35 % Standard.
Natürlich darf man nun nicht den Fehler machen und denken, die Drohne wäre insgesamt so günstig herzustellen. Dazu kommen natürlich noch sämtliche Kosten für die Entwicklung, die Herstellung und Montage, Logistik, Werbung und natürlich die Gewinnmarge.
In dem Artikel von Nikkei wird auch eine Führungskraft eines japanischen Drohnenherstellers (nicht genau genannt) zitiert, der sich zu den Kosten von DJI äußert. Demnach würde es sein Unternehmen das Doppelte kosten, ein Produkt mit denselben Fähigkeiten, wie die Mavic Air 2 herzustellen.
In diesem Zusammenhang wird also klar, wie weit fortgeschritten die Produkte und die Kostenstrukturen bei DJI sind. Kunden profitieren natürlich indirekt davon, da DJI trotz allem in Konkurrenz mit Unternehmen wie Autel oder Skydio steht und somit Preisvorteile natürlich über den Wettbewerb auch beim Verbraucher landen.
Viele Komponenten aus den USA
Ebenfalls interessant ist, dass offensichtlich viele der Bauteile und Baugruppen direkt aus den USA bezogen werden sollen. Das wundert angesichts des aktuellen Verhältnis zwischen DJI und der US-Regierung vielleicht zunächst ein wenig. Nichts desto trotz haben die USA immer noch eine große Menge an führenden Unternehmen im Halbleiterbereich im eigenen Land.
Konkret werden in dem Artikel beispielsweise die Chips für das Akkumanagement (BMS) genannt, welches von Texas Instruments geliefert werden. Die Controller zur Signalverstärkung und Rauschunterdrückung kommen hingegen vom US-Hersteller Qorvo.
Die Analysten sehen in der Abhängigkeit von US-Komponenten für DJI aber auch eine Gefahr. Sollten sich die Beziehungen zwischen China und den Vereinigten Staaten weiterhin verschlechtern (Beispiel TikTok), könnte DJI laut der Analyse auch Probleme bei der Beschaffung seiner Produktionsmaterialien bekommen.
Quelle: Nikkei.com