Bereit seit einigen Jahren hat der Drohnenhersteller DJI mit dem Aeroscope einen Remote ID-Scanner im Angebot, der es Behörden und bestimmten Unternehmen ermöglicht, den Luftraum nach Drohnen abzusuchen. Jetzt wurde das Produkt offiziell abgekündigt. Wir versuchen einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.
Remote ID ist für DJI schon lange kein neues Thema mehr. Bevor die Diskussion über die standardisierte Fernidentifizierung in der Breite Fahrt aufnahm, gab es mit dem Aeroscope ein Gerät, das genau diese Aufgabe für DJI-Drohnen erfüllte. Mehr zum Thema Remote ID im Allgemeinen lest ihr in unserem RID-Guide.
Zuletzt bekam der Scanner und damit auch DJI negative Aufmerksamkeit, als bekannt wurde, dass die Scanner auch im Krieg von Russland gegen die Ukraine zum Einsatz kamen. DJI dementierte damals eine absichtliche und proaktive Behinderung ukrainischer Scanner.
Aeroscope geht aus der Produktion
Da es sich bei dem Scanner von DJI ganz klar um ein Produkt handelt, das für einen sehr speziellen und geschlossenen Kundenkreis gedacht ist, verwundert es wenig, dass es keine große Ankündigung für das Ende des Lebenszyklus für das Aeroscope gegeben hat. Seit einigen Tagen weist eine Meldung auf der offiziellen DJI-Website beim Besuch der Produktseite aber darauf hin, dass der Scanner nicht mehr länger hergestellt wird.
Die Abkündigung wurde in den vergangenen Stunden und Tagen heiß diskutiert und teilweise auf die Entschlüsselung des DroneID-Signals zurückgeführt, welches vor Kurzem von einem deutschen Forscherteam bekannt gegeben wurde (dazu unten mehr).
Doch wenn man sich die Historie des Aeroscopes genauer anschaut, scheint diese Begründung nicht wirklich zu tragen. Mittlerweile hat sich das Unternehmen selbst zu Wort gemeldet und bestätigt, dass der Scanner initial auf die Anforderung verschiedener Staaten entwickelt wurde, die sich einer schnellen Verbreitung von Drohnen gegenübergestellt sahen. Als Antwort präsentierte DJI das Aeroscope, welches mit externen Antennen in einer Entfernung von bis zu 50 Kilometern orten kann.
Nachdem sowohl die USA als auch die EU mittlerweile eigene Standards für die direkte Fernidentifizierung (Direct Remote ID) veröffentlicht haben und die Hersteller von UAVs zur Verwendung dieser verpflichten, verliert das Aeroscope über kurz oder lang an Bedeutung. Der Scanner ist nämlich speziell für DJIs eigenes Protokoll DroneID konzipiert worden, welches zusammen mit allen aktuellen DJI Drohnen ausgeliefert wurden und Teil von DJIs Antwort auf die Anforderung von Behörden war. DroneID und Aeroscope gehörten also von Anfang an zusammen und dürften nun langsam auch gemeinsam verschwinden.
An deren Stelle werden Anwendungen und Scanner treten, die die offenen Standards aus den USA und der EU unterstützen. Das Unternehmen Dronetag hat mit der Drone Scanner App bereits eine entsprechende Lösung für das Smartphone vorgestellt. Auf der Senderseite macht DJI seine Drohne bereits seit geraumer Zeit fit, um Remote ID Signale in den Standardformaten abzustrahlen.
Sowohl in der EU als auch in den USA wird der Einsatz durch neue gesetzliche Vorgaben für Piloten Pflicht. In der EU sieht die Durchsetzungsverordnung EU 2019/947, auf welcher die EU-Drohnenregelungen fußen, bereits heute den Einsatz von Remote ID vor, wenn zertifizierte Drohnen verwendet werden. In den USA wird Remote ID für alle Piloten ab kommendem September Pflicht, hier befindet sich die Gesetzgebung gerade in einer Übergangsfrist.
Kurz um: Für DJIs eigenes Remote ID Protokoll ist demnächst kein Platz mehr. Dass DJI aber ggf. ein neues System entwickeln wird, welches den neuen Anforderungen Rechnung tragen wird, halten wir für durchaus möglich.
Ein Problem für Hersteller von Anti-Drohnen-Systemen?
Das Ende des Aeroscope könnte auch Einfluss auf andere Unternehmen haben, die Systeme zur Identifizierung und dem Abfangen von Drohnen entwickeln. Gerüchten zur Folge setzen einige Hersteller im Kern ihrer Identifizierungssysteme auf DJIs Aeroscope-Plattform und verarbeiten deren Daten weiter. Das klingt nicht vollkommen abwegig, denn aufgrund des großen Marktanteils des chinesischen Drohnenherstellers ist die Wahrscheinlichkeit nicht gering, dass das Counter-UAS-System (cUAS) mit Drohnen von DJI konfrontiert wird. Konkrete Hinweise dafür liegen uns jedoch nicht vor.
Unterscheiden sollte man wohl aber, dass das Einstellen der Aeroscope-Produktion nicht mit dem abrupten Stopp des Produkt-Supportes gleichzusetzen ist. Nach wie vor funktioniert der Scanner und die DJI Drohnen dürften bis auf weitere auch ein DroneID-Signal aussenden.
Außerdem hätten cUAS-Hersteller nun ebenfalls die Chance, die standardisierten Protokolle zu verwenden, um ordnungsgemäß gekennzeichnete Drohnen zu identifizieren. Es wird also auch hier mittelfristig eine Umstellung geben. Bis Remote ID auf Basis der EU-/USA-Standards aber nicht vollständig in Kraft ist, dürfte DroneID weiterhin als ein „unabhängiges“ Backup dienen.
DroneID entschlüsselt: Keine Überraschungen
Vor wenigen Tagen berichteten wir von einem Team deutscher IT-Sicherheitsforscher, die mehrere Sicherheitslücken in verschiedenen Drohnen von DJI aufgespürt haben. Demselben Team gelang es auch das DroneID-Signal erstmals vollständig zu entschlüsseln und lesbar zu machen.
Entschlüsseln ist dabei jedoch eigentlich der falsche Begriff, denn die von der Drohne ausgesandten Signale waren dabei niemals verschlüsselt. Das hatte DJI für eine Weile behauptet und gab im April 2022 dann gegenüber The Verge zu Protokoll, dass die Signale doch nicht verschlüsselt waren.
Im letzte Konsequenz hätte die Verschlüsselung auch wenig Sinn gemacht, denn DroneID war ja unter anderem genau dazu gedacht, um Drohnen aus der Ferne zu identifizieren. Die Kritik ist aber nachvollziehbar, denn ein Aeroscope hätte ja mit den passenden Schlüsseln zur Entschlüsslung der Signale ausgestattet werden können, um DroneID nicht potenziell jedem Empfänger zu offenbaren. Das war im Übrigen auch nicht das erste Mal, dass DJI wegen DroneID in den Fokus der Öffentlichkeit geraten ist. Der Leak einer großen Datenbank mit vielen klar lesbaren von Aeroscope-Scanner gesammelten Daten verschiedenster Drohnen eines Aeroscope-Kunden machte erneut auf das Thema aufmerksam.
Was den Forschern der Ruhr-Universität Bochum nun gelungen ist, ist viel mehr, das nicht-verschlüsselte Signal eindeutig auszuwerten. Die Ergebnisse wurden in einem ausführlichen Paper veröffentlicht und das zugehörige Tool steht über GitHub zum Download bereit.
Quelle: DJI Website, DJI via Twitter, The Verge