Der Druck auf den chinesischen Kamera- und Drohnenhersteller im Kontext des Krieges in der Ukraine wächst weiter. Jetzt hat sich die deutsche Handelskette MediaMarktSaturn für einen durchaus direkten Schritt entschieden und den Verkauf aller DJI-Produkte gestoppt.
Der Angriffskrieg Russlands nimmt schon seit über einem Monat seinen verheerenden Lauf mit grausamen Folgen für das Land und seine Bevölkerung.
Bereits in den ersten Tagen nach dem Angriff der russischen Arme war klar, dass auch zivile Drohnen eine zentrale Rolle in den militärischen Handlungen spielen würden. Jetzt setzt die Mutter von MediaMarkt und Saturn ein Zeichen und zieht DJI direkt in den Fokus der Debatte – auch in Deutschland.
DJI-Produkte verschwinden aus den Regalen und den Online-Shops von MediaMarkt & Saturn
Bereits vor einigen Wochen berichteten wir über verschiedene Lieferungen von DJI Drohnen durch Freiwillige an die Ukraine. Dort sollen die UAVs vor allem zur Aufklärung und zur Dokumentation von Kriegsverbrechen verwendet werden.
Dass es nicht rein bei einer beobachtenden Funktion bleibt, war beinahe klar. So finden sich seit dem Beginn des Krieges auch eine Vielzahl an Bildern bewaffneter Drohnen im Netz.
Kurze Zeit später wurde dann DJI als Unternehmen auch direkt mit in die Kommunikation der ukrainischen Regierung einbezogen, in dem DJI in einem offenen Brief des Vize Premier Ministers der Ukraine Mykhailo Fedorov dazu aufgefordert wurde, entsprechende Drohnenerkennungstechnologie auf russischer Seite zu deaktivieren sowie Drohnen zu deaktivieren, die nicht ursprünglich in der Ukraine aktiviert wurden.
Jetzt hat sich auch die MediaMarktSaturn Retail Group zu einem Schritt entschlossen, der bisher relativ einmalig zu sein scheint: DJI-Produkte sind bis auf Weiteres über die Verkaufskanäle (online und offline) bei der Kette nicht mehr zu bekommen.
Aufgrund des großen Netzes an Filialen mit über 1000 lokalen Geschäften in ganz Europa sowie einer stetig wachsenden Präsenz im Online-Shopping vor allem in Deutschland, Österreich und den Niederlanden, dürfte das Handelsunternehmen ein recht wichtiger Distributor für DJI in Europa sein.
Die Ankündigung dieses Schrittes erfolge über Twitter.
DJI veröffentlicht Stellungnahme
Hier lässt der Händler über Social Media auf Anfrage eines Nutzers verlautbaren (übersetzt aus den Englischen): „Hallo Dang, in den letzten Tagen haben wir immer mehr Informationen aus verschiedenen Quellen erhalten, dass die russische Armee Produkte und Daten des chinesischen Drohnenherstellers DJI für militärische Aktivitäten in der Ukraine nutzt. […] Als verantwortungsbewusstes Unternehmen haben wir sofort gehandelt und den Hersteller bis auf Weiteres konzernweit aus unserem Sortiment genommen. Weitere Hinweise und Entwicklungen werden wir genau prüfen. […] Mit diesem Schritt setzen wir als Unternehmen ein klares Zeichen für die Werte, die für uns höchste Priorität haben und die wir durch den aggressiven Krieg Russlands gegen die Ukraine in nicht hinnehmbarer Weise angegriffen sehen. Ihr MediaMarkt Social Media Team„.
Die Nachricht, die zu dieser Antwort führte hat es im Übrigen in sich: Der Nutzer wirft DJI vor, das Unternehmen würde direkt Positionsdaten der ukrainischen Streitkräfte an die russischen Angreifer weiterleiten. Ein Vorwurf, der DJI auf die Seite des russischen Angreifers stellt.
DJI hat diesen Anschuldigungen ebenfalls direkt vehement über Twitter widersprochen. Dazu nutzt das Unternehmen jetzt offenbar einen neuen Account mit dem Handle DJI FlySafe, der für die PR auf Twitter zukünftig verwendet werden soll.
Außerdem veröffentlichte der Drohnenhersteller eine offizielle Stellungnahme auf seiner Website. Hier heißt es, dass ein Geschäftspartner von DJI am 24. und 25. März tausenden „Spam-Nachrichten“ über Social Media erhalten hat, die alle dieselben „falschen Anschuldigungen“ über DJI in Bezug auf Aktivitäten in der Ukraine enthalten haben sollen. Der Geschäftspartner soll daraufhin den Vertrieb von DJI-Produkten eingestellt haben, um die Situation zu bewerten.
Im Übrigen sind bei MediaMarkt und Saturn weiterhin Zubehör-Produkte anderer Hersteller für DJI Drohnen und Kameras erhältlich. Produkte die direkt von DJI stammen, so auch die Osmo Kameras, finden sich im Online-Angebot derzeit nicht mehr.
DJI hat weiterhin ein allgemeines Statement zu seiner Position veröffentlicht.
Kommentar: Unternehmen geraten in den Fokus
Wenn dieser Krieg bisher eines gezeigt hat, ist es, das sich Unternehmen mit einer „neutralen“ Position gegenüber dem Kriegsgeschehen auf einen Drahtseilakt begeben. Mit seiner letzten Klarstellung zu den Vorwürfen, DJI hätte Aeroscope-Einheiten der Ukraine kompromittiert, hat DJI versucht, sich neutral zu positionieren und vor allem der militärischen Anwendung der eigenen Produkte zu widersprechen.
Am Beispiel DJI zeigt sich nun deutlich, dass sich gerade Unternehmen aus dem Technologiesektor (die eigentlich Produkte für die rein zivile Verwendung herstellen) im Angesicht der neuen Situation einen rein „neutralen“ Standpunkt wohl immer schwieriger werden leisten können.
DJI sitzt damit als Unternehmen mit chinesischer Herkunft und seinen beiden wohl größten Absatzmärkte in den USA und Europa („im Westen“) zwischen den Stühlen. Neutralität ist da in der Theorie ein nachvollziehbarer Reflex. Diese allerdings in der Praxis durchzuhalten, dürfte ein Kraftakt werden.
Der Vorgang bei MediaMarktSaturn könnte hier wohl nur ein Vorgeschmack sein.