DJI liefert die neue Avata 2 erstmals mit einer C1-Klassifizierung aus. Was auf der einen Seite mehr Flexibilität bedeutet, verursacht an anderer Stelle Einschränkungen. Wir fassen zusammen, wie und an welcher Stelle die EU-Regeln die Avata 2 einbremsen.
In diesem Artikel wollen wir die allgemeinen Pluspunkte und Vorzüge der DJI Avata 2 nicht erneut wiederholen. Wer sich grundlegende zu dem (gelungenen) Modell informieren möchte, dem legen wir unseren ausführlichen Test der neuen FPV-Drohne ans Herz.
Die folgenden Absätze richten sich an interessierte FPV-Piloten, die verstehen möchten, wie die C1-Klassifizierung die Flugeigenschaften der Avata 2 beeinflusst. Grundsätzlich gilt aber: Wer einfach nur entspannte Videos in FPV-Perspektive aufnehmen möchte, muss sich mit der ganzen Thematik eigentlich gar nicht belasten.
Inhalt
C1-Klasse bringt Geschwindigkeitsbegrenzung
Wie den meisten Avata 2 Piloten bereits bekannt sein dürfte: Die C1-Klassifizierung bringt für Hersteller unter anderem eine harte Begrenzung der maximalen Fluggeschwindigkeit mit.
Der Grenzwert wurde vom Gesetzgeber auf 19 m/s (68,4 km/h) festgelegt. Das ist für die meisten Kameradrohnen in der Regel kein Problem und ausreichend. Bei FPV-Drohnen sind im Bereich selbstgebauter FPV-Quads aber deutlich höhere Geschwindigkeiten die Regel.
Der direkte Vergleich hinkt aber, wenn die Drohnenklasse einbezogen wird: FPV-Selbstbauten oder fertige Sets landen automatisch in den Klassen C3 / C4 und unterliegen damit wiederum den strengeren Abstandsregelungen der OPEN A3-Kategorie. Es ist am Ende also ein Kompromiss zwischen Höchstgeschwindigkeitsbegrenzung und Flexibilität in Hinblick auf die erfügbaren Flugorte durch Abstandsvorgaben.
Nur hilft uns diese Überlegung konkret auf die Avata 2 bezogen nicht weiter: Die Drohne erfüllt die C1-Auflagen und es gibt keine offizielle Möglichkeit, die „C1-Begrenzungen“ links liegenzulassen und lieber ohne Drosselung in OPEN A3 zu fliegen.
Geschwindigkeit und Leistung: Zusammenhang verstehen
Die aktuelle Diskussion in der EU-FPV-Community rund um die Avata 2 erstreckt sich vor allem auf weitere Auswirkungen der C1-Höchstgeschwindigkeit und wie sich diese auf die Flugerfahrung auswirkt, dreht.
Wichtig ist dabei zu verstehen, dass eine begrenzte Höchstgeschwindigkeit rein technisch nicht zwangsläufig mit einer reduzierten Gesamtleistung des Antriebes einhergehen muss.
Als erste Analogie ziehen wir als Beispiel ein Auto heran: Die Leistung des Motors (z.B. 200 PS) muss nicht zwingend begrenzt werden, um die maximale Geschwindigkeit zu begrenzen. Solange das Auto zu jeder Zeit weiß, wie schnell es gerade fährt, lässt sich die Leistung erst kurz vor dem Erreichen der gewünschten Höchstgeschwindigkeit (z.B. 170 km/h) so anpassen, dass der Wert gehalten, jedoch nicht überschritten wird.
In diesem ersten Beispiel hat unser Fahrzeug also im Bereich von 0 km/h bis zu 169 km/h die volle Leistung von 200 PS zur Verfügung und kann diese z.B. für schnelles Beschleunigen verwenden.
Es gibt aber noch einen anderen Weg: Die maximale Gesamtleistung kann alternativ auch soweit reduziert werden, dass das Auto rein physikalisch nicht mehr schneller als 170 km/h fahren kann. Dabei würde die Leistung dann beispielsweise pauschal auf 130 PS reduziert – egal, wie schnell gefahren wird.
In Bezug auf die erreichbare Geschwindigkeit ändert sich nichts im Vergleich zu unserem ersten Auto: Beide Fahrzeuge erreichen maximal 170 km/h. Das zweite Auto hat jetzt aber grundsätzlich weniger Leistung – im gesamten Geschwindigkeitsbereich.
Wer diesem Gedanken folgen kann, versteht schnell, wie es um die DJI Avata 2 steht.
Wie ist die DJI Avata 2 begrenzt / gedrosselt?
Auch DJI hatte rein technisch genau die beiden Möglichkeiten, um die Geschwindigkeitsbegrenzung der Avata 2 im Kontext der C1-Klasse umzusetzen.
Rein formal bleibt Drohnenherstellern derzeit aber offenbar keine andere Möglichkeit, als den zweiten – eher weniger zu favorisierenden Weg – zu wählen. Das bedeutet, die gesamte Leistung der Avata 2 wird in der EU beschränkt, um die 19 m/s nicht zu überschreiten. Auf Nachfrage bestätigte DJI uns dieses so.
Jetzt liegt natürlich die Frage nahe, was eine Drohne von unserem Autobeispiel unterscheidet, sodass die erste Variante offenbar keine gangbare Option darstellt?
Die Antwort findet sich in der Art und Weise, wie die aktuelle Geschwindigkeit bei Drohnen festgestellt wird: Dieser Wert wird zumeist über GNSS (Satellitennavigation) gemessen und dem Piloten in der App angezeigt. Dabei ist die Drohne also auf das Vorhandensein eines passenden Signals mit passender Genauigkeit angewiesen.
Und hier scheint das Problem zu liegen: Das Auto kann seine Geschwindigkeit selbst messen und durch die Drehzahl von Getriebe und Reifenumfang berechnen. Drohnen sind im Consumer-Umfeld auf ein externes System (meist GNSS) angewiesen.
Diese externe Abhängigkeit ist unzulässig, denn C1-Drohnen müssen unabhängig von einem solchen System mit externen Voraussetzungen die in der EU 945/2019 definierten Kriterien einhalten – dazu gehört auch die Höchstgeschwindigkeit.
Die präzisen Prüf- und Akzeptanzkriterien dafür werden in dem Normen(entwurf) prEN 4709-001:2021 (nicht kostenlos zugänglich) beschrieben. Im Kapitel 4.2 sind hier die Anforderungen an die Bestimmung der maximalen Geschwindigkeit definiert.
Den Drohnenherstellern bleibt damit also im Endeffekt keine andere Möglichkeit, als die Gesamtleistung des Antriebes generell zu beschränken.
Ein Gedanke zu Vergleichen mit der Avata 1
Es finden sich bereits einige gute Vergleiche zwischen der Avata 1 und der Avata 2 mit C1-Begrenzung im Netz. Ein gelungenes Video, welches die Unterschiede der Flugperformance gut darstellt, wurde von dem YouTube-Kanal skyscope veröffentlicht.
Grundsätzlich hat die Avata 2 im Vergleich zu ihrer Vorgängerin offensichtlich etwas weniger „Bums“. Neben der Leistungsdrosselung darf in diesem Kontext jedoch nicht vollends außer Acht gelassen werden, dass der Wechsel von 5-Blatt-Propellern (Avata 1) auf 3-Blatt-Propeller (Avata 2) gerade im Kontext Beschleunigung („Punsh“) selbst bei gleicher Systemleistung einen spürbaren Unterschied macht.
Die Avata 1 hat in Bezug auf die Flugleistung im Grenzbereich (Abfangen von kritischen Flugmanövern, plötzliche Richtungswechsel) also grundsätzlich die besseren Karten in die Wiege gelegt bekommen – C1-Begrenzung hin oder her.
Was bedeutet das für euch als Piloten?
Wer mit der Avata 2 liebäugelt, muss sich bewusst sein: Die Drohne ist keine reinrassige FPV-Racing-Drohne. Sie ist vollständig auf das Filmen optimiert. Trotzdem hätte ihr die Leistung ihrer ungedrosselten Vorgängerin natürlich nicht geschadet.
Es ist aber keinesfalls so, als wäre die Avatas 2 unter diesen „Umständen“ (welche zur Erinnerung durch das Gesetz gefordert werden) plötzlich unfliegbar.
Ganz im Gegenteil. In Bezug auf die Präzision der Steuerung und die generelle Abstimmung fliegt sich die Avata 2 in unseren Augen noch einmal deutlich besser und ausgeglichener als die DJI Avata der ersten Generation. Die Wahl zwischen beiden Modellen fällt alleine auf dieser Basis sehr einfach auf die Avata 2. Das Plus an Flugzeit durch den effizienteren Antrieb gibt es als Bonus obendrauf.
Wer aber nur mit maximaler Leistung zufrieden ist und sich andernfalls tot-traurig dem direkten Vergleich mit der Avata 1 hinterher sehnt, sollte die Avata 2 wahrscheinlich vor dem Kauf einfach einmal Probe fliegen.
Schlusswort
Wir hoffen, euch hat dieser kurze Überblick zur Beschränkung der Flugleistung der DJI Avata 2 geholfen zu verstehen, welchen Einschränkungen die Drohne im Gebiet der EU unterliegt.
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