Wenn es zu größeren Katastrophen mit unübersichtlicher Lage vor Ort kommt, hat das Finden und Bergen von Opfern aller höchste Priorität. Ein Forschungsprojekt mit dem Namen SARDO soll dabei in Zukunft unterstützen.
Wenn Naturkatastrophen eintreten sind viele Menschen meist unvorbereitet, da der Vorfall plötzlich und völlig unerwartet eintritt. Ein Beispiel dafür ist der Erdrutsch in der norwegischen Stadt Ask Ende 2020.
In einem solchen Fall ist es häufig extrem schwierig Überlebende zu lokalisieren und anschließend zu retten. Die neue SARDO Drohne aus einem Forschungsprojekt der NEC Laboratories Europe GmbH in Heidelberg soll hier in Zukunft helfend zur Seite stehen.
SARDO scannt Gebiet nach Mobilfunkgeräten ab
Die Abkürzung SARDO klingt zu nächst ein wenig sperrig. Die fünf Buchstaben stehen für den Begriff „Search-And-Rescue DrOne„. Also eine Drohne, die bei der Suche und Rettung von Menschen helfen soll.
Das Ziel von SARDO ist es, vermisste möglichst schnell und effektiv zu lokalisieren, um den Rettungskräfte genauere Anhaltspunkte über sinnvolle Suchgebiete zu liefern.
Dazu macht sich die Drohne die Tatsache zur Nutze, dass viele Menschen heutzutage ihr Smartphone nahezu immer bei sich haben. Häufig auch, wenn sie zu Hause sind. Zumindest liegt es selten weit weg.
Hier setzt SARDO an. Die Drohne fliegt über das Katastrophengebiet und hat dabei eine Mobilfunkzelle an Bord. Aktive Mobilfunkgeräte melden sich automatisch bei diesem nahen Sender. Diese Verbindungen werden gespeichert.
Dabei nutzten die Forscher so genannten Time-of-Flight-Messungen. Anhand der Laufzeiten der Signale können dann Distanzen zwischen Drohne und Smartphone des Opfers geschätzt werden.
Ein Machine Learning Algorithmus berechnet aus diesen Daten dann die mögliche Postion des Opfers auf einer Karte und kalkuliert zudem Störungen durch Schutt und Gestein möglicherweise umgestürzter Gebäude ein.
Schneller Überblick über große Gebiete
Das Interessante an der Technik ist, dass SARDO nicht auf die Funktionsfähigkeit von Mobilfunknetzwerken angewiesen ist. Auch diese Infrastruktur kann, je nach Unglück, beschädigt und nicht verfügbar sein. Da die Drohne jedoch ihre eigene Mobilfunkstation mit sich herumträgt, stellt dies auch in einem solchen Fall kein Problem dar.
Sobald das UAV ein definiertes Gebiete grob gescannt hat, wird versucht einzelne Personen genauer zu orten. Sollten Interferenzen die Lokalisierung eines Smartphones nicht ermöglichen, wird das Suchraster automatisch erweitert.
In Feldversuchen soll das System bereits sehr zuverlässig funktioniert haben. Auf einem knapp 200 Quadratmeter großen Areal waren beispielsweise alle potenziellen Opfer in nur drei Minuten mit einer Genauigkeit von einigen Metern gefunden.
Das System scheint bereits jetzt Interesse auf der Seite von Hilfsorganisationen geweckt zu haben. Über eine mögliche Kommerzialisierung der Technologie wird aktuell nachgedacht.
In der Zwischenzeit wollen die Wissenschaftler SARDO auch für die Suche in Innenräumen fit machen, um beispielsweise beschädigte Gebäude zu durchsuchen, die für Menschen zu gefährlich zum Betreten sind.
Quelle: IEEE Spectrum