Die auf den Betrieb von Lieferdrohnen spezialisierte Alphabet-Tochter (Google) Wing hat in Australien für einen Zwischenfall gesorgt. Eine der Lieferdrohnen verirrte sich in eine Hochspannungsleitung und sorgte damit für einen Stromausfall, der einige hundert Haushalte die Energie klaute.
Australien ist im Universum von Wing so etwas wie die Vorzeigenation, wenn es um die direkte Belieferung von Endkunden mit Drohnen geht. Das Unternehmen setzt hier an verschiedenen Standorten seine UAVs ein, um Menschen beispielsweise mit Essen direkt vor die Haustür zu beliefern.
Es wundert daher wenig, dass der nun passierte Zwischenfall in einer der Städte geschehen ist, die ein besonders hohe Aufkommen an Drohnenlieferungen hat. Frei nach dem Motto: Wo viel geliefert wird, ist die Chance besonders hoch, dass auch mal etwas daneben geht – im wahrsten Sinne des Wortes.
Wing Drohne führt „vorsorgliche kontrollierte Landung“ durch
Der Zwischenfall ereignete sich am 29. September 2022 in der australischen Stadt Browns Plains im Süden der Metropole Brisbane. Gegen 14 Uhr Ortszeit kam es zu einem Zusammenstoß einer Lieferdrohne von Wing mit einer Hochspannungsleitung.
Das UAV war offenbar gerade dabei eine Art vorzeitige Notlandung durchzuführen und suchte sich dafür einen denkbar schlechten Ort aus. So kam es, dass die Drohne mit ihren Auslegern auf denen sich die Antriebe befinden, zwischen den beiden spannungsführendere Seilen einer oberirdischen Stromleitung mit einer Betriebsspannung von 11 kV hängen blieb.
Wie eine Sprecherin von Wing mitteilte, hatte die Drohne eine „vorsorglich kontrollierte Landung“ eingeleitet. Welchen Grund das Manöver hatte, ist bis jetzt unklar. In der bemannten Luftfahrt gibt es für solche Landungen verschiedenste Möglichkeiten: von technischen Problemen, über Kraftstoffmangel bis hin zu medizinischen Vorfällen an Bord. Im Grunde spricht man immer von einer vorsorglichen Landung, wenn diese abseits eigentlich vorgesehener Start- und Landepunkt erfolgt.
Wie der zuständige Energieversorger Energex gegenüber ABC News äußerte, sorgte der Kurzschluss für einen Stromausfall in 2000 Haushalten. Der Großteil der Betroffene hatte aber nach knapp 45 Minuten wieder Strom. Knapp 300 Kunden des Stromlieferanten in direkter Nachbarschaft des Unfallortes mussten hingegen ganze drei Stunden warten bis zu Hause wieder Spannung auf der Dose war.
Vorfall wirft einige Fragen auf
Wie ein Energex-Sprecher mitteilte, entstand bei der Notlandung auf der Leitung zum Glück kein nachhaltiger Schaden. Auch musste die Drohne offenbar nicht mühsam aus der Leitung befreit werden. Stattdessen sorgte die Hochspannungsleitung dafür, dass die Drohne abbrannte und so verkohlt zu Boden gefallen sein soll.
Wing bat in seinem Statement alle betroffenen Haushalte um Entschuldigung. Energex nahm den Unfall zum Anlass, um noch einmal alle daran zu erinnern, dass Drohnen im Bestfall nicht in unmittelbarer Nähe von Stromleitungen geflogen werden. Der Sprecher des Energieunternehmens bewertet die neue Drohnentechnologie aber neutral: „Dies [der Zwischenfall mit der Drohne] ist zwar ein anderer Umstand, aber im Grunde nicht anders als bei vorherigen Generationen, die Drachen steigen ließen“ (übersetzt aus dem Englischen).
Zu den genauen Geschehnissen hielt sich Wing bedeckt, was einige Fragen offen im Raum stehen lässt:
- Wieso kam es in erster Linie zu dem vorzeitigen Landemanöver?
- Wieso führte der Flugpfad der Drohne überhaupt so nahe an einer Hochspannungsleitung vorbei?
- Warum erkannten die Sensoren, die die Kollision mit Hindernissen vermeiden sollen, die Leitungen nicht und korrigierten den Landepunkt?
- Warum griff kein Mensch ein? Denn es werden eigentlich alle automatisierten Flüge zentral von Menschen überwacht.
Am Ende dürfte der Unfall wertvoll sowohl für Wing als auch für Energex sein, denn mit zunehmendem UAV-Verkehr im unteren Luftraum, sind auch solche (bisher sehr seltenen) Ereignisse wohl zukünftig wahrscheinlicher. Ein solch glimpflicher Fall ist dabei immer noch der beste Umstand, auf Basis dessen sich Abläufe und Verfahren für die Zukunft entwickeln lassen.
Quelle: ABC News