In Kanada ist es zu einem direkten Zusammenstoß zwischen einem Sportflugzeug im Schulbetrieb und einer Drohne der Polizei gekommen, die sich im offiziellen Einsatz befunden hat. Der kürzlich veröffentlichte Untersuchungsbericht gibt nun Einblicke in den Vorfall.
Gemessen an der Anzahl täglicher Drohnenflüge auf der ganzen Welt, passieren sie glücklicherweise weiterhin sehr selten: Direkte Zusammenstöße zwischen UAVs und Fluggeräten aus der bemannten Luftfahrt.
In Kanada wurde nun ein Zwischenfall von der zuständigen Behörde aufgearbeitet und der entsprechende Abschlussbericht vorgelegt. Bei dem Unfall wurde glücklicherweise niemand verletzt.
Matrice 210 der Polizei wird von Cessna 172N erwischt
Der Vorfall ereignete sich dabei bereits im August 2021 (wir berichteten) im kontrollierten Luftraum des Flughafens Toronto-Buttonville im kanadischen Bundesstaat Ontario. Während des Landeanfluges kollidierte eine Cessna 172N mit zwei Personen an Bord mit einem großen Gegenstand, der sich wenig später als Drohne (DJI Matrice 210) herausstellt.
Das Flugzeug war in diesem Moment von einem Flugschüler und einem Fluglehrer besetzt, die die Landung trotzt des direkten Treffers glücklicherweise problemlos durchführen konnten.
Der Unfall war insgesamt Glück im Unglück, denn die Drohne traf das Flugzeug direkt an der Schnauze auf der Unterseite des Motors und hinterließ eine sehr deutlich sichtbare Beschädigung. Durch den Ort des Einschlags wurden die Insassen nicht verletzt. Wäre die Drohne beispielsweise auf Höhe der Frontscheibe kollidiert, hätte die Situation aber auch anders ausgehen können.
Die Drohne selbst wurde bei dem Zwischenfall vollständig zerstört. Die Bodeneinheiten der Polizei waren vor Ort noch in der Lage einige Teile des UAVs zu finden und zu bergen.
Der nun von dem Transport Safety Board of Canada (kurz TSB) veröffentlichte Abschlussbericht zu dem Unfall gibt uns interessante Einblicke, welche Ursachen zu dem Unfall geführt haben.
Zur Erinnerung: Das UAV der kanadischen Polizei (York Regional Police) schwebte zu dem Zeitpunkt des Zusammenstoßes in etwa 122 m Höhe (400 Fuß) auf der Stelle. Das Flugzeug flog daraufhin ziemlich mittig in die Drohne hinein.
Kein geschulter Beobachter und fehlende Tower-Freigabe
Der Untersuchungsbericht des TSB mit der Nummer A21O0069 geht sehr genau auf die einzelnen Umstände ein. Kurz lässt sich das Geschehen wie folgt zusammenfassen: Der Polizeieinsatz fand zur gleichen Zeit statt, wie der Übungsflug der Cessna. Die Matrice 210 der York Regional Police bracht zu zwei Flügen auf. Den ersten konnte die Drohne ohne Probleme beenden, der zweite Flug fiel zeitlich genau mit dem Landeanflug des Sportflugzeuges zusammen und endete in einem Crash.
Das UAV leistet während der gesamten Zeit Hilfestellung aus der Luft, während die Einsatzkräfte am Boden ihrer Aufgabe nachgingen. Der Bericht kommt im Grunde zu vier Punkten, die zusammengenommen den Unfall möglich gemacht haben:
- Die Insassen der Cessna 172N wussten nichts von dem UAV-Flug im Einzugsgebiet der Landebahn und konnte die Drohne vor dem unruhigen Hintergrund (Häuser, Gebäude, Natur) somit nicht rechtzeitig erkennen.
- Der UAV-Pilot der Polizei beschloss aufgrund der Dringlichkeit des Einsatzes, auf eine Genehmigung durch den Flugverkehrsdienst zu verzichten und flog, ohne eine entsprechende Freigabe.
- Der Polizist, der als Flugbeobachter für UAV benannt worden war, wurde vorher nicht geschult und war nicht darüber aufgeklärt, dass er ununterbrochenen Sichtkontakt zur Drohne hätte halten müssen.
- Der Pilot des UAV selbst war wahrscheinlich mit den vielen verschiedenen Aufgaben des Einsatzes überlastet und war dabei in seiner Fähigkeit eingeschränkt, die Funkrufe auf der vorgeschriebenen Frequenz der Kontrollzone sowie die Geräusche der ankommenden Luftfahrzeuge zu hören.
Am Ende sind also zwei simple Prinzipien nicht eingehalten worden: Es gab keine Freigabe für den Flug in dem Kategorie E Luftraum und somit war auch die Flugsicherung nicht über den UAV-Flug informiert. Außerdem versagte der Einsatz eines Beobachters, da diese laut dem Betriebshandbuch der Polizei zum Zeitpunkt des Unfalls nicht extra geschult werden mussten.
Die Rolle von Remote ID und ADS-B
Wenn man den Bogen ein wenig weiter spannt, ist diese Situation auf vor dem Hintergrund der Identifizierungstechnologien für Drohnen und bemannte Flugzeuge interessant, die immer weiter Verbreitung finden.
Ironischerweise hätte die DJI Matrice 210 dank DJI Air Sense über ADS-B-Signale entsprechend Flugzeuge in der Nähe identifizieren können. Die Cessna 172N hatte aber keinen entsprechenden Sender an Bord – da dieses für Sportflugzeuge keine Vorschrift ist.
Andersherum kann man nur über die Frage spekulieren, ob ein Remote ID-Signal der Polizeidrohne die Insassen des Leichtflugzeuges rechtzeitig gewarnt hätte. Wären beide Technologien konsequent im Einsatz gewesen, wäre eine Kollision auch unter den gegebenen Bedingungen aber sicherlich ein Stück unwahrscheinlicher geworden.
Quelle: TSB