Wenn Drohnen aktuell mit autonomen Flugfunktionen ausgestattet sind, nutzen sie dafür klassische Hardware, um die Bildinformationen zur Navigation zu verwenden. Neuromorphe Prozessoren sollen diesen Vorgang deutlich effizienter machen, indem sie das Gehirn von Tieren nachahmen.
Klassische Prozessor- und Grafikchips arbeiten nach einer Architektur, bei der Prozessor und Speicher voneinander getrennt sind. Sie sitzen zwar physikalisch häufig im selben Gehäuse, die Architektur ist jedoch so aufgebaut, dass konstant Daten zwischen Prozessor und Speicher ausgetauscht werden müssen.
Das Gehirn von Tieren und Menschen funktioniert anders: Hier finden die Verarbeitung und die Ablage von Informationen in einem System (den Neuronen) statt. Die Verarbeitung von Reizen ist somit deutlich schneller und kann energieeffizienter geschehen.
Drohne nutzt neuromporhen Prozessor zur Navigation
Wissenschaftler der Delft University of Technology in den Niederlanden haben jetzt in einem Paper beschrieben, wie sich erstmals eine Drohne auf Basis eines neuromorphen Rechenchips in die Lüfte geschwungen hat.
Der verwendete neuromorphe Prozessor kommt dabei aus dem Hause Intel und hört auf den Namen Loihi 2. Dieser Chip bildet ein neuronales Netzwerk in einer Hardwarestruktur ab. Er funktioniert also näherungsweise wie ein Gehirn und soll so die Vorteile des biologischen Organismus auf Maschinen übertragen können.
Mit ihrer Forschung konnten die Wissenschaftler validieren, dass die Aufgaben, die zur Erfassung der Umwelt und der Ableitung von Steuerbefehlen von der Drohne erledigt werden mussten, mit dem neuen Chip bis zu 64 Mal schneller ausgeführt worden ist.
Während die klassische GPU-Analyse von Bildinformationen etwa 25 Mal pro Sekunden in dem neuronalen Netzwerk lief, kam das neuromorphe Setup auf erstaunliche 274 bis 1600 Mal pro Sekunde.
Neuromorphe Kamera beschleunigt Orientierung
Die Bilddaten für die Drohne kommen dabei nicht von einer herkömmlichen Kamera, sondern von einem neuromorphen Bildsensor. Im Vergleich zu einem normalen Bildsensor, welcher in der Regel ein komplettes Bild aus vielen Pixeln liefert, welches dann von der GPU analysiert werden muss, gehen neuromorphe Sensoren einen anderen Weg.
Auch hier lehnt man sich an die Natur an. Die verwendete neuromorphe Kamera liefert stattdessen Informationen zu einzelnen Pixeln und zwar nur zu den Pixeln, bei denen sich durch eine Helligkeitsveränderung eine Bewegung ableiten lässt. Dadurch ist der dem neuronalen Netzwerk zugeführte Datenstrom wesentlich kleiner und präziser.
Schwieriges Training und erstaunliche Energieeffizienz
Das von der Natur geformte Gehirn von Lebewesen ist darauf ausgerichtet, Energie zu sparen. Alle Strukturen sind trotz der Fähigkeit komplexe Aufgaben zu lösen also so ausgelegt, dass möglichst wenig unnötige Energie konsumiert wird.
Neuromorphe Prozessoren ahmen dieses Verhalten durch ihre Struktur nach. So benötigt der Intel Chip im Leerlauf einmal 1 Watt. Während der Ausführung der Flugaufgaben kommen dazu „unter Last“ jedoch gerade einmal 7 mW (Milliwatt) hinzu.
Das zum Vergleich verwendete, klassische GPU-Setup benötigte im Idle ebenfalls 1 W, für die Rechenoperationen steigt die Leistungsaufnahme jedoch auf insgesamt 3 W. Der neuromorphe Ansatz ist in dieser Disziplin also deutlich schneller und verbraucht dabei nur einen Bruchteil der Energie.
Das Training des neuronalen Netzwerkes, welches die Entscheidungen für die Drohne trifft, war hingegen eine Herausforderung. Die Forscher trainierten die Orientierung anhand von Kameradaten zunächst separat von dem Verständnis des Netzwerkes der Steuerbefehle zur Navigation. Letztere wurden in einem Simulator trainiert.
Am Ende wurden beide Dinge vereint und die kleinen Testdrohnen können selbstständig abheben, landen, seitwärts fliegen und sich dabei sogar drehen.
Die Forschung zeigt in eine Richtung, die für die Zukunft kleine und leichte Drohnen und Roboter ermöglicht, die für ihre spezielle Aufgabe deutlich energieeffizienter arbeiten könnten, als aktuelle Systeme mit klassischem „GPU-Gehirn“.
Quelle: Delft University of Technology, Science.org, Kalaidos FH Schweiz